Radio-Features

Kirche/ Gefügsamer Revolutionär: Franz von Assisi und die Kirche

Der Kaufmannssohn Francesco Bernardone gelobte 1207, fortan in Armut und nach dem Wortlaut des Evangeliums zu leben. Beides war der Kirche suspekt, weil es einer Anklage ihrer gar nicht frugalen Sitten gleichkam. Sie bekämpfte Armutsbewegungen und verbot Laien zu predigen. Franziskus jedoch predigte sogar Pflanzen und Tieren – er sah in allen Kreaturen einen Ausdruck Gottes. Dem Vorwurf der Ketzerei entkam er nur, weil er sich der Kirche unterwarf. Der Bruderschaft, die sich um ihn bildete, schrieb er freilich Regeln vor, die dem Vatikan missfielen: Die „Minderen Brüder“ oder Franziskaner sollten eine Gemeinschaft besitzloser Gleicher sein und von eigener Hände Arbeit und vom Betteln leben. Schon das Berühren von Münzen galt Franziskus als Sünde. Kein Wunder, dass der Papst von ihm die Niederschrift einer „entschärften“ Ordensregel verlangte. Dennoch wurde Franziskus zwei Jahre nach seinem Tode heiliggesprochen.

SWR2 Wissen 2016

Hörspiel/ Fiore di campo

Musik: Lucia Ronchetti, Text: Aureliana Sorrento

Das Leben von Giuseppe Impastato war kurz. 1948 in eine sizilianische Mafia-Familie geboren, wandte er sich schon als Jugendlicher gegen die Cosa Nostra. Er propagierte den Kommunismus, organisierte Bauernproteste, schrieb Gedichte. 1976 gründete er den freien Sender ›Radio Aut‹ und persiflierte dort die Mafiabosse seiner Heimatstadt Cinisi. 1978 wurde er ermordet. Collage aus Radiomitschnitten, Gedichten und biografischen Szenen über einen mutigen Menschen. Fiore di campo nasce dal grembo della terra nera, fiore di campo cresce odoroso di fresca rugiada, fiore di campo muore sciogliendo sulla terra, gli umori segreti. Wiesenblume sprießt Im Schoß der schwarzen Erde Wiesenblume wächst Mit dem Duft frischen Taus Wiesenblume stirbt Und dunkle Säfte zerfließen in die Erde (Giuseppe Impastato) Textregie: Götz Naleppa Komposition: Lucia Ronchetti Mit: Tonio Arango, Stefan Kaminski, Eduardo Mulone Realisation: Lucia Ronchetti und Aureliana Sorrento Ton und Technik: Hermann Leppich, Gregorio Karman, Hannes Fritsch und Philip Adelmann Produktion: Deutschlandradio Kultur/Studio für elektroakustische Musik der Akademie der Künste Berlin 2016, Länge: ca. 49’20

Deutschlandfunk 2016

Politik/ Rebellion für Recht und Ordnung. Italien und Die Fünf-sterne Bewegung

Als bei den letzten italienischen Nationalwahlen im Februar 2013 die Fünf-Sterne-Bewegung 25,55 Prozent der Stimmen für das Abgeordnetenhaus errang und somit besser als alle anderen Parteien abschnitt, erwischte das Ergebnis Politiker und Journalisten völlig unvorbereitet. Niemand hatte geglaubt, dass die offiziell erst 2009 gegründete Bewegung ein solches Resultat erzielen könnte. Nicht einmal deren Gründer, der Komiker Beppe Grillo. Seine Schimpftiraden gegen die politische Kaste Italiens, gegen Parteien und Brüsseler Technokraten hatten ihm den Ruf eines Populisten, Antipolitischen und Europaskeptikers eingehandelt. Unbekannte zogen als Fünf-Sterne-Abgeordneten und Senatoren in die italienischen Parlamentskammern. Heftige Polemiken über mangelnde interne Demokratie, Autoritarismus, Ausschlüsse und Austritte von Fraktionsmitgliedern haben die ersten zwei Parlamentsjahre der Neugewählten begleitet. Doch sind viele Italiener davon überzeugt, dass die Fünf-Sterne-Abgeordneten momentan die einzige Opposition gegen die neoliberale Politik der regierenden Großen Koalition darstellen – und die einzige Hoffnung auf ein Land, in dem die Gesetze für alle gelten, die Verwaltung funktioniert, und das nicht von korrupten Seilschafen regiert wird. Denn, so bilderstürmerisch sie sich auch geben, im Parlament sind die sogenannten Grillini vor allem als Verteidiger von Recht und Gesetz aufgefallen, als Kämpfer gegen Korruption und Verschwendung und für Transparenz der Verwaltung.

Deutschlandfunk 2016

Soziale Bewegungen/Die Wohnungsfrage. Ein Europäisches Kreuz

Ende 2015 haben die Internetportale Immowelt.de und Immonet.de durch eine Auswertung ihrer Mietwohnungsanzeigen herausgefunden, dass in vielen Großstädten Deutschlands etwa die Hälfte der Haushalte Anrecht auf einen Wohnungsberechtigungsschein hat, dass aber die erschwinglichen Wohnungen auf dem Markt nur für einen Bruchteil der Wohnsuchenden ausreichen. Das liegt vor allem am massiven Anstieg der Mietpreise – seit 2010 sind sie in Berlin im Durchschnitt um 45% gestiegen. In der Hauptstadt ist auch die Differenz zwischen tatsächlichen Mieten und der Obergrenze für angemessenen Wohnraum, die von den Sozialämtern akzeptiert wird, am größten. So konkurrieren 55% der Haushalte um 7,3% der Angebote. Wohnungsnot ist also auch in Deutschland ein dringliches Problem geworden.

In anderen europäischen Ländern, in Spanien und Italien etwa, ist die Schere zwischen Durchschnittseinkommen und Mietpreisen seit jeher exorbitant. Der Grund, weshalb viele Haushalte Hypothekenkredite aufnahmen, um eine Eigentumswohnung zu kaufen. Seit Beginn der Finanzkrise, in der Millionen Menschen ihre Arbeit verloren haben, wurden in diesen Ländern mehrere Hunderttausende aus ihren Wohnungen zwangsgeräumt – in Spanien aufgrund von Zwangsvollstreckungen, die der Europäische Gerichtshof für illegal erklärt hat. So sind Bewegungen entstanden, die durch verschiedene Methoden die Wohnungsnot bekämpfen und das Recht auf Wohnen reklamieren – in Rom, Madrid und zuletzt auch in Berlin. Eine Lageerkundung durch drei europäische Hauptstädte.

Migration/ Der Rückkehrer

Ziyad Younis kam 1980 zum ersten Mal nach Deutschland. Er war aus dem kurdischen Gebiet des Irak geflohen, wo er als Jugendlicher für die Unabhängigkeit der Kurden gekämpft hatte.

SWR2 Feature 2016