Literatur, Kunst, Theater, Glossen

Krieg und Frieden, bezeugt von Agfa, Tagesspiegel

Herr Shouker, als das „PenPal Project“ 1997 startete, schien eine Lösung des palästinensich-israelischen Konflikts zum Greifen nahe.

Shouker: Es war eine Zeit der Euphorie in Israel. Alle fühlten, es gebe eine Chance für den Frieden. Das gab uns Antrieb. Wir wollten den Menschen in Israel und in den palästinensisch verwalteten Gebieten helfen, persönliche Kenntnisse voneinander zu gewinnen. Und zwar andere als die, die von den Medien vermittelt werden. Es liegt in der Natur der Medien, vor allem das Negative zu zeigen: Katastrophen, Morde, Anschläge… 

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Die Zeit der Städte, Kunst im öffentlichen Raum, Frankfurter Rundschau

Eine Beschreibung einer Reflexion, oder aber eine angenehme Übung zu deren Eigenschaften“ ist ein Titel, unter dem man sich alles hätte vorstellen können – nur nicht den so angekündigten Vortrag Olafur Eliassons, der jetzt die diesjährige Reihe der Berliner Lektionen abschloss. Als wolle er den Titel der Matinee auf die Schippe nehmen, sprach der dänische Kunststar aus Island, dafür bekannt, Kunst mit Physik, Philosophie, Mathematik, Architektur und Neurowissenschaft zu konjugieren, so einleuchtend, kurzweilig und unprätentiös aus dem Stegreif, dass man sich wünschte, an den Universitäten würden nur solche Dozenten zugelassen… 

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Morbider Gaumenreiz, taz

Von Menschen und anderen Meerschweinen: „.!.!. und ab die Post 2000!“ im Postfuhramt an der Oranienburger Straße zeigt die eher simple Kombination aus Nervenkitzel und Spaß… 

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Philosophie des Rasenmähens, Tagesspiegel

Mühsam wird er über den Rasen hin und her geschoben, walzt die Wiese platt und dröhnt. So unerträglich laut, dass der Gärtner Schönbrunner Park Ohrenschützer in Wien tragen muss. Die anderen Grünpfleger in Toni Kays sechs Filmen, die er unter dem Titel „Lawnmower“ zusammengefasst hat, scheinen den Lärm gelassener hinzunehmen. Schließlich ging es dem Künstler darum, die Tätigkeit des Rasenmähens als eine Art mönchische Arbeit darzustellen, die aus Fürsorge für die Natur, gleichmütig und ausdauernd, geleistet wird. Denn, so gewaltsam uns auch der Eingriff des Rasenmähers erscheinen mag, fördert das Schneiden des Rasens das Wachstum der Grashalme. Durch das Abschneiden werde die Natur des Rasens „in einer Symbiose von Künstlichkeit in der Natur mit dem natürlichen Tun des Künstlichen geradezu forciert“, schwärmt der Künstler im Erklärungstext… weiterlesen

Spur der Schmetterlinge, Tagesspiegel

Es war ein Falter, nach dem entomologischen Lexikon ein Rotes Ordensband. Mit grauen, schwarz gestriemten Flügeln, die sich kaum abhoben vom Holzboden des Ateliers. Die Malerin sah ihn sich legen auf die Dielen, packte die Kamera aus und fotografierte den Schmetterling. Erst durch die Linse wurde sie der Farbe gewahr, die unter den Flügeln schimmerte, eines prallen Rots. Und dabei erinnerte sich die Künstlerin an einen Karton, den sie vor 35 Jahren aus Pucallpa mitgenommen hatte. Darin lagen andere Schmetterlinge. Konservierte, in Briefumschlägen gehüllte Schmetterlinge. Warum nicht auch sie?… weiterlesen

Zeitreisen im Glitzerlicht, taz

Durchs Weltall mit Marcel Duchamp, Hans Haacke und Lucio Fontana: Die Ausstellung „Camps de Forces“ zeigt in Barcelona einen Parcours zur Geschichte der kinetischen Kunst im 20. Jahrhundert. Das Universum hat keine Löcher, sondern allerlei Motoren, die tausend Farbtupfer blitzen lassen… weiterlesen

Die Überflüssigen, taz. die tageszeitung

Streicheleinheiten für das linke Gewissen: wie den tragikomischen Dramen des russischen Dichters Anton Tschechow durch die Sinn- und Arbeitskrisen der Gegenwart aktuelle Bedeutung zuwächst

„Was ist los mit mir?“, fragt Iwanow seinen Freund Pawel Lebedew. Perplex ist er, ratlos bis zur Verzweiflung. Iwanow, einer der vielen bankrotten Gutsherren, die Tschechows Dramen bevölkern, hat gerade erkannt, dass er ein überflüssiger Mensch geworden ist. Überflüssig – ein Prädikat, das ins Mark trifft. Der leidenschaftliche, risikofreudige, freimütige Heißsporn, der er war, hat sich als Blindgänger erwiesen. Jetzt fühlt er, außer Müdigkeit, nichts. „Ich habe mir eine Last auf den Rücken geladen, aber der Rücken hat es nicht getragen“, haucht Samuel Finzis Iwanow über die Planken der Berliner Volksbühne.

Als Dimiter Gottscheff im vergangenen März Tschechows Stück aus dem Jahre 1887 am Rosa-Luxemburg-Platz zur Aufführung brachte, konnte man in dem Titelhelden noch den Einzelmenschen sehen: einen hochmütigen Überflieger, der vor lauter Hybris zu Fall kommt, sich aus Schwäche im Selbstmitleid suhlt und seine Allernächsten in den Abgrund mitreißt. Ein Egozentriker, quengelig und todgeweiht. Und weil Hauptdarsteller Samuel Finzi all seine Wendigkeit in die Waagschale warf, um hinter dem Schwächling den Selbstgerechten zu entlarven, fiel es dem Zuschauer schwer, der Figur Mitgefühl oder Verständnis angedeihen zu lassen.

Anderthalb Jahre später erscheint Tschechows Nicht-Held mehr als verständlich. Er wirkt wie die Personifizierung jener 6,5 Millionen, die nach der jüngsten Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung zum sogenannten abgehängten Prekariat gehören.

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Hoch über der Asche. Das Napoli Teatro Festival Italia, NZZ

Einerseits soll es international sein, damit niemand sagt, Neapel bekomme vom Rest der Welt nur den Giftmüll ab. Man hat also Berühmtheiten eingeladen – Jan Fabre, Silviu Purcarete, Enrique Vargas, Alvis Hermanis –, eine Europäische Theaterkompanie gegründet, ausländischen Autoren neue Stücke in Auftrag gegeben, mit anderen Festivals von Manchester bis Santiago de Chile Partnerschaften geschlossen. Anderseits will der künstlerische Leiter Renato Quaglia das heuer aus der Taufe gehobene Napoli Teatro Festival Italia in der Stadt verankern, die es beherbergt. Man beginnt mit der Pflanzung von 410 Bäumen im Park des Vesuvs – zum Ausgleich des theaterbedingten CO 2 -Ausstosses. In der Zukunft soll eine Solarenergieanlage dafür sorgen, dass die Veranstaltung keine negativen Auswirkungen auf ihre Umwelt zeitigt. Zu den positiven kann man vorerst die Erschliessung grossartiger Baudenkmäler für Theaterbesucher zählen.

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Die Nachbarin, taz

Meine Nachbarin hat ein verblüffendes Faible für Farben. Verblüffend, denn von ihrem Wohnverhalten her zu urteilen dürfte sie Farben eigentlich gar nicht mögen. Die Rolläden ihrer Fenster sind zu jeder Uhr- und Jahreszeit heruntergedreht. Kein Sonnenschein lässt die Farben der putzigen Tässchen und Schälchen, der samtenen Sitzpolster, der Engelchen und Püppchen aufleuchten. Bei ihr herrscht Dämmerung.

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